Grappling- und BJJ-Wettkampfjahr 2014
Das Jahr 2014 hat gerade erst begonnen. Die Meisterschaften der Bodenkampfspezialisten werden in diesem Jahr wieder ihre neuen Champions finden. Gleich Ende Januar werden in Lissabon die IBJJF European Championships ausgetragen. Viele deutsche Athleten werden auch wieder daran teilnehmen, um ihre Titel zu verteidigen. Doch wo steht das deutsche Grappling und BJJ?
Wir haben die Athleten gefragt, die es am eigenen Leib erfahren, wie es auf der Matte zugeht. Wir haben die Kämpfer gefragt, die für diesen Hype mitverantwortlich sind.
Bodenkampf-Ass Johannes Wieth ist schon seit Jahren in der Szene aktiv und erfolgreich. Er kämpft regelmäßig auf hochklassigen Turnieren. Sein Fokus liegt dabei sehr im Ausland, denn hier feiert er seit Jahren Erfolge. Die deutsche Szene verfolgt Wieth aber auch.
„Ich denke, dass sich das Grappling die letzten Jahre in Deutschland sehr gut entwickelt hat. Das Niveau der Hobbyathleten ist meiner Meinung nach im internationalen Vergleich ganz gut. Im Leistungsbereich ist allerdings noch ziemlich viel Luft nach oben. Es gibt hierzulande noch zu wenige Athleten die ein Profiniveau anstreben und dementsprechend viel Zeit ins Grappling stecken. Da haben uns z.B. auch andere europäische Länder noch etwas voraus.“
„Vielleicht ändert sich das die kommenden Jahre durch verstärkter Jugendarbeit und Leuten die den Schritt wagen Grappling zu ihrem Beruf zu machen. Was bisher noch in größerer Masse fehlt sind Athleten die bereits im Kinder- und Jugendalter mit diesem Sport beginnen. Alles in allem jedoch ist es sehr erfreulich, dass man nun in fast jeder größeren Stadt in Deutschland eine Grapplinggruppe oder -schule finden kann.“
Für Patrick Talmon hat das Kalenderjahr 2013 viel Gutes zu berichten. Viele Turniersiege zierten Talmons Gabentisch. Talmon ist zwar im BJJ zu Hause, doch hat er auch beim Grappling seine Finger im Spiel. Neben dem Weltmeistertitel der CBJJO, hat er auch die Rome Open und British Open gewonnen. Außerdem ist er Naga Champion und hat die Bronze-Medaille bei den No-Gi Europameisterschaften in Rom gewonnen. Dazu gesellt sich noch der dritte Platz bei den IBJJF Europameisterschaften in Lissabon.
„Ich glaube wir deutschen Athleten müssen uns echt nicht mehr verstecken. Wir haben in den letzten Jahren einen riesigen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Zum einen sieht man das auf den deutschen Turnieren, aber gerade im internationalen Vergleich sind doch einige Deutsche immer auf dem Podium zu sehen. Abgesehen von der Leistung auf der Matte muss man natürlich auch die Arbeit der Kämpfer, Trainer und Veranstalter neben der Matte sehen. Man macht merklich viel dafür, dass a) viel über diesen wundervollen Sport in den Medien auftaucht und b) die Berichterstattung auch in die richtige Richtung geht. Ich finde die Entwicklung in Deutschland wirklich toll und freue mich meinen Teil dazu beitragen zu können.“
Das Kalenderjahr 2013 gehörte rein sportlich gesehen nicht zu den erfolgreichsten Jahren in der Karriere des Bodenkampf-Spitzensportlers Malte Janssen. Janssen lebt jetzt in München und pendelt zwischen Nordrhein-Westfalen und Bayern hin und her. Da bleibt nicht so viel Zeit für den Wettkampf. Das Training von Malte Janssen läuft, der Wettkämpfer ist aber erst einmal auf Eis gelegt. Doch beobachtet Janssen die Szene, den Sport, das Grappling. Er ist nach und wie vor ganz nah dabei. Seine Meinung auf und neben der Matte ist sehr gefragt. Janssen konnte die vergangenen Jahre am eigenen Leib die Entwicklung spüren, sie lesen und sie erfolgreich an sich reißen.
„Gut. Zwar hinkt Deutschland Europa in Sachen Spitzenathleten und Medaillen noch weiter hinterher, ganz zu schweigen im Vergleich zu den USA oder Brasilien, aber nichtsdestotrotz kann auch Deutschland mit einer Handvoll an Top-Grapplern aufwarten, wie z.B. Johannes Wieth oder auch den Buschkamp-Bros., die auch international seit Jahren überaus erfolgreich sind. Uns fehlt jedoch einfach die breite Masse an guten Kämpfern, die sich gegenseitig pushen können und wollen. Auch die Bereitschaft zum Cross-Training, sei es zwischen den Sportarten oder auch zwischen den einzelnen Teams, lässt wohl noch zu wünschen übrig. Flächendeckend muss daher noch weiterhin intensiv an der technischen und athletischen Ausbildung der Sportler gearbeitet werden, um weiter zu den Franzosen, Polen oder Skandinaviern aufschließen zu können. Dafür braucht es einfach seine Zeit. Fazit: Deutschland braucht vor allem im europäischen Vergleich nicht wirklich zu verstecken, aber der Weg nach ganz oben ist noch weit, steinig und hart.“
„Es existiert gegenwärtig eine Handvoll an sehr gut besuchten nationalen Turnieren mit gutem Niveau (wie z.B. Submissao oder IDM), die sich fest im Grappling-Kalender etabliert haben. Darüber hinaus haben mittlerweile auch internationale Grappling-Labels Deutschland als attraktiven Austragungsort entdeckt (NAGA, IBJJF etc.). Nicht zuletzt hat die Deutsche Grappling Liga (DGL) eine fulminante Entwicklung seit 2010 hingelegt und es neben dem regulären Ligabetrieb geschafft, die DGL-Einzelmeisterschaft als fester Bestandteil der alljährlichen FIBO zu platzieren. Alles in allem ist die Entwicklung der letzten 5 Jahre mehr als positiv. NUR: wer rastet, der rostet; d.h. es muss auch weiter hart gearbeitet werden, um gut organisierte Turniere mit hohem Niveau und ausländischer Beteiligung zu veranstalten. Nur so kann man dem Grappling-Nachwuchs eine geeignete Plattform bieten, um sich zu beweisen und vor allem um sich sportlich und menschlich weiter zu entwickeln. Weil was will man denn nun am Ende des Tages ernten? Erinnerungen an ein tolles Turnier vor zwei Jahren? Wohl kaum! Es gibt nur einen Weg, und der heißt nach vorne.“
