Im April ging Demetrious Johnson zum ersten Mal in seiner Karriere K.o., als er im Titelkampf bei ONE Championship Adriano Moraes unterlag. Man sollte meinen, dass „Mighty Mouse“ nun darauf brennt, eine Revanche zu gewinnen. Doch der 34-Jährige, der einst das Fliegengewicht in der UFC anführte und Rekorde aufstellte, hat heute andere Prioritäten.

„Von 2012 bis 2018 war ich der UFC-Champion“, so Johnson gegenüber MMAFighting. „Ich bin schon sehr lange dabei. Ich fühle, dass die Zeit, die ich mit meinen Kindern verbringe, alles überwiegt, was ich im MMA erreichen kann. Ich liebe es, Vater zu sein und zuhause bei den Kindern zu sein. Ich liebe den Wettkampf, aber ich weiß, dass sich das Fenster realistisch gesehen in den nächsten Jahren schließen wird und ich dann kein Wettkämpfer mehr sein werde.“

„Viele Athleten kommen nur schwer mit dieser Erkenntnis klar, aber ich war immer jemand, der seinen Hut davor gezogen hat. Ich habe keinen Kampf anstehen, also denke ich nicht einmal ans Kämpfen. Ich bin im Gym, damit ich gesund und frisch bleiben kann, das ist mein Lifestyle. Aber ich brenne nicht auf den nächsten Kampf, den nächsten Titelkampf. So jemand bin ich nicht. Ich konzentriere mich auf meine Kinder, was ich mit ihnen mache, wie ich ihren Geburtstag plane, solche Dinge.“

Denn die Diskussion um eine Titelchance von Johnson wird weniger vom Amerikaner, sondern mehr von Adriano Moraes angetrieben, der Johnson im Titelkampf mit einem Kniestoß ausknocken konnte. Johnson hat daher auch kein Problem damit, zur Seite zu treten und anderen den Vortritt zu lassen.

„Es gibt Kämpfer, die es mehr verdient haben als ich. Nur weil ich den Namen habe, verdiene ich nicht einen Titelkampf. So war ich schon immer, auch als Champion. Kämpfer wie Yuya Wakamatsu, er hat drei in Folge gewonnen. Ich konzentriere mich nicht auf den nächsten Kampf. Irgendwann im Herbst oder Winter ist es so weit. Mal sehen, was ONE anbietet, dann geht es weiter. Ich wurde erst gestoppt, ich habe kein Problem, mich wieder hoch zu kämpfen.“

„Ich habe es nicht eilig, wieder Champion zu werden. Ich genieße die Zeit als Kämpfer, die mir noch bleibt. Ich sitze nicht da und hoffe und wette auf einen Kampf. Ich entspanne mich einfach und warte ab.“

Denn Johnson definiert sich nicht über seinen Platz als Champion. Zwar würde er sich über einen weiteren Titel freuen, doch wichtiger ist ihm, seine Freude als Kämpfer im Käfig auszuleben und nun einfach nur eine gute Zeit zu haben.

„Ich lasse nicht zu, dass mich irgendwas in den Wahnsinn treibt. Das passiert, wenn sich Leute Ziele setzen. Als ich angefangen habe, hatte ich nie das Ziel, UFC-Champion zu sein. Damals gab es keine Gewichtsklasse bei 125 Pfund. Keine 135 Pfund. Die kleinsten waren die Leichtgewichte mit 155 Pfund und die hat man sogar vorrübergehend abgeschafft.“

„Mein Ziel war also nicht der Titel. Aber ich war einfach so schlau und so gut, dass ich besser als jeder andere wurde, den Titel holen und zwölf Mal verteidigen konnte. Für mich geht es um Spaß und Entspannung. Es gibt bestimmt viele Kämpfer, die danach streben, der Beste der Welt zu werden und sich danach verzehren. Alles schon erledigt. Jetzt genieße ich das Leben und denke nur von Kampf zu Kampf.“

Zeitweise galt Johnson als gewichtsklassenübergreifend bester Kämpfer. Selbst die UFC erklärte ihn zu einem GOAT-Kandidaten, zumindest, solange er unter Vertrag stand und eine Titelverteidigung nach der anderen feierte. Johnson nahm das Lob gerne an, doch schlussendlich geht es für ihn zum Ende seiner Karriere nur darum, sich immer noch weiter zu verbessern, sowohl als Kämpfer als auch als Person.

„Ich sitze nicht mit meiner Familie am Lagerfeuer und erinnere mich an die Karriere. Was ich als Kämpfer erreicht habe, wird immer da sein. Es war eine tolle Zeit. Ich habe gekämpft, seit ich 18 bin, heute bin ich 34 Jahre alt. Ich will nicht, dass irgendetwas mein Leben bestimmt. Ich will nur die beste Version meiner selbst sein. Egal, ob das der Pound-for-pound-Beste der Welt ist, Champion oder einfach nur ein großartiger Athlet und Botschafter für den Sport. So viele Leute stressen sich mit dem Versuch, Champion zu werden. Und wisst ihr was? Viele schaffen es nie. Ich habe diese Denkweise aus meinem Kopf verbannt.“

„Im Training gebe ich immer noch Vollgas. Ich lerne immer noch neue Techniken und mache alles, aber der Sport bestimmt nicht mehr mein Leben. Glaubt ihr, meine Kinder kümmert es, ob ich Champion bin? Es ist ihnen egal. Es gibt Wichtigeres im Leben als Kämpfen und das ist die Familie. Ich will bei ihr sein, sie soll mein Leben bestimmen.“