Daniel Weichel: Ich sehe mich das Turnier gewinnen.
Im März reiste Daniel Weichel schon einmal in die USA, um sich im Federgewichts-Turnier einen Rückkampf gegen Emmanuel Sanchez zu liefern. Dann kam alles anders und Bellator MMA sagte die Veranstaltung am Kampftag wegen des Coronavirus ab. Nun, Monate später, macht sich der Frankfurter erneut auf den Weg nach Connecticut. GNP1.de sprach vor dem Abflug mit ihm.
Daniel Weichel steht in der Nacht zum Freitag im Viertelfinale des Federgewichts-Grand-Prix von Bellator MMA Emmanuel Sanchez gegenüber. DAZN überträgt ab 1 Uhr nachts live.
GNP1.de: Hallo Daniel, als wir dich das letzte Mal im Interview hatten, warst du kurz vor dem Abflug in die USA für den Kampf gegen Emmanuel Sanchez. Jetzt sind acht Monate vergangen, Ort und Gegner sind der gleiche, aber die Welt ist wegen des Coronavirus ganz anders. Wie ist es Dir in den letzten Monaten ergangen?
Daniel Weichel: Nachdem wir wieder trainieren konnten, habe ich sofort den Fokus wieder auf Sanchez gelegt, auch ohne konkretes Datum. Ich habe schon sehr konkret auf den Kampf hingearbeitet. Einige Dinge haben sich entwickelt, ich bin ein kompletterer Kämpfer geworden. Es war einfach eine extrem verlängerte Vorbereitung. Nur die erste Phase nach der Absage war nochmal etwas anders. Ich habe eine kurze Pause eingelegt und viel Zeit mit der Familie verbracht. Dann spielte aber das Wetter wieder mit, man konnte draußen trainieren und dann sind wir wieder eingestiegen.
Hat sich der zweite Lockdown, der seit vergangenem Montag gilt, noch auf deine Vorbereitung ausgewirkt?
Der Profi-Sport ist davon ausgenommen, von daher hatte ich jetzt keine Einschränkungen mehr, was das Training angeht. Man macht sich aber schon Gedanken, mit wem man trainiert oder wo man sich aufhält. Ich habe mein Leben schon sehr eingeschränkt. Ich bin selten in die Stadt und unter Leute gegangen, habe meine Einkaufszeiten verändert, um das Risiko so gering wie möglich zu halten, bin also etwa nur spät abends in den Supermarkt. Aber das Training war zuletzt nicht beeinträchtigt.
Du warst als einer der ersten deutschen Kämpfer vom Virus im Sinne von einer Kampfabsage betroffen, als Bellator am Tag des Events den Stecker gezogen hat. Wie ging es dir damit?
Genau, am Kampftag. Sowas ist mir auch noch nie passiert, dass das Event am Kampftag abgesagt wurde. Man hängt so ein wenig in der Luft. Da passiert was Globales, was Wichtigeres, auch wenn für mich der Kampf sehr im Fokus gestanden hat. Auch die anderen Kämpfer haben gemerkt, dass da was passiert, was über uns hinausgeht und das war auch der Grund für die Entscheidung. Als Kämpfer war es einfach ein sehr, sehr komisches Gefühl, weil man die Vorbereitung und Waage hinter sich hatte und es so kurz vorm Kampf war, das war surreal. Es hat sich erst gesetzt, als ich wieder zuhause war. Im Prinzip habe ich schnell wieder nach vorne geschaut, weil wir nicht wussten, wann es wieder geht und die Hoffnung war, dass wir den Kampf schnell nachholen könnten.
Wenn du sagst, du hast noch Dinge entwickelt, woran hast du genau gearbeitet?
Das verschwimmt alles ein wenig. Weil genau das der Punkt war. Alles noch besser kombinieren, die Übergänge fließender machen. Nicht mehr boxen als boxen und ringen als ringen zu trainieren, sondern das Gesamtkonzept aus Stand-, Bodenkampf und zurück optimal miteinander zu kombinieren. Die Entwicklung dort endet nie. Also wenn ich mich auf eine Sache fokussiert habe, dann darauf.
Bellator hat im Juli wieder Kämpfe ausgetragen, du kommst erst vier Monate später zum Einsatz. Wird man da nicht ungeduldig? Und wie bist du damit umgegangen?
Es war natürlich klar, dass die Einreise für Kämpfer aus Deutschland, Irland und Brasilien erst ermöglicht werden muss, damit die Turnierkämpfe gleichzeitig in den USA stattfinden können. Was der genaue Grund war, das weiß ich nicht. Aber das dürfte mit den Einreisebestimmungen zu tun gehabt haben. Und ungeduldig? Sobald ich einen Termin habe, hält sich meine Ungeduld in Grenzen.
Jetzt geht es wieder nach Connecticut, wieder gegen Sanchez. Ganz ausschließen, dass der Kampf noch einmal wegen einer Corona-Infektion abgesagt wird, kann man nicht. Hast du das im Hinterkopf? Es hat erst vor ein paar Wochen deinen Teamkollegen Max Coga genauso erwischt.
Es ist im Hinterkopf, aber meine Einstellung ist auf den Kampf fokussiert. Selbstverständlich kann alles passieren. Das war sonst auch so mit den Verletzungen, es kam nur seltener vor, als mit dem Virus, aber dass das nicht auszuschließen ist, ist im Hinterkopf. Grundsätzlich gehe ich jeden Tag mit der Einstellung an, dass es am 12. November zu einer Schlacht kommt.
Gibt es einen Plan B von Bellator? Gerade weil ihr mitten in einem Turnier seid?
Da wurde noch nichts kommuniziert. Ich denke, man wartet ab, ob etwas passiert.
Wie können wir uns das Sicherheitsprotokoll von Bellator vorstellen?
Wenn ich in den USA lande, muss ich 24 Stunden in Quarantäne und mache den ersten Test vor Ort. Letzte Woche habe ich schon einen Test hier in Frankfurt gemacht, der war negativ. Im Laufe der Fight Week werden wir weiter getestet, Trainer und Betreuer inklusive.
Was ist dein Tipp gegen den Lagerkoller in der Quarantäne? Womit lenkst du dich ab?
Ich schaue mir gerne Fotos an von meiner Familie und Freunden an, ich werde ein wenig meditieren und Yoga machen. Und mich weiter auf den Kampf konzentrieren. Aber auch nicht versuchen, gedanklich in ein Rad zu kommen, das es unangenehm wird. Ganz entspannt den Gameplan durchgehen und relaxen. Ich hoffe, dass ich den Großteil der Quarantäne-Zeit schlafen kann.
Bei den letzten Gesprächen hast du eine Prognose zum Kampf gegen Sanchez vermieden. Heute auch?
Ich werde so variabel wie möglich kämpfen, die Lücke zu sehen und mich nicht auf eine Sache versteifen. Ich werde ihm weh tun, wenn ich was sehe und am Boden die Submission suchen, wenn sich etwas ergibt. Und wenn es über die fünf Runden geht, dann werde ich jeden Funken Energie in diesen 25 Minuten lassen.
Ist Patricio Freire immer noch der Wunschgegner für dein Halbfinale? Ein Titelkampf wird es so oder so.
Ich habe keine Präferenz, es kommt wie es kommt. Wenn es der dritte Kampf gegen „Pitbull“ wird, hätte man die Story nicht besser schreiben können, aber falls nicht, hau ich Pedro Carvalho im Halbfinale weg.
Du kämpfst jetzt bei Bellator an einem Donnerstag, da sich die Liga einen neuen Übertragungspartner gesichert hat. In Europa wird mehr gemacht, auch neue Kämpfer aus Deutschland in Mandy Böhm, Alan Omer und Katharina Lehner sind jetzt Teil Bellators. Wie siehst du die Entwicklung der Organisation und deine eigene Rolle darin?
Generell hat Bellator die letzten Jahre gut expandiert, ich bin sehr begeistert. Der DAZN-Deal war mega-gut, weil meine deutschen Fans und Familie die Kämpfe verfolgen können. Kämpfe in Europa sind etwas Besonderes für mich. In Rom vor meiner Familie und meinen Fans aus Frankfurt um den Titel kämpfen zu können, war großartig. Es ist schön zu sehen, wie sich alles entwickelt und das immer mehr Leute aus meinem Umfeld daran teilhaben können. Was meine Rolle darin ist? Ich sehe mich im größten Turnier der Welt und ich sehe mich dieses Turnier gewinnen. Ich weiß, dass jeder Kampf ein Titelkampf ist, so ist auch meine Einstellung. Das ist jetzt ist das Finale für mich, nicht das Viertelfinale. So hangele ich mich von Kampf zu Kampf. Ich freue mich extrem, Deutschland, das MMA Spirit und Frankfurt auf der Plattform repräsentieren zu können.
Wo stehst du in zwölf Monaten?
Das ist natürlich mit den Umständen schwierig zu beantworten. Wenn ich die Zeit und Gelegenheit bekomme, habe ich das Turnier und den Gürtel gewonnen und bereite mich auf meine erste Titelverteidigung auf einem Bellator-MMA-Event in Frankfurt vor.
Danke für das Gespräch und viel Erfolg am Donnerstag.