GSP: Viele Karrieren werden wegen zu hartem Sparring schon im Gym weggeworfen
Georges St-Pierre gehört zu den besten und erfolgreichsten Kämpfern der MMA-Geschichte. Der Kanadier trat zwei Mal auf einem Höhepunkt ab, beide Male aus gesundheitlichen Gründen. Ein seltener Fall im Sport. Kein Wunder also, dass der Kanadier der nächsten Generation Kämpfer eher davon abrät, sich voll auf den Sport zu konzentrieren.
„Das Gym ist der fröhlichste und traurigste Ort, an den ich gehen kann“, erklärte der Kanadier in Joe Rogans Podcast. „Der fröhlichste Ort, weil ich den Sport, den ich liebe, trainieren kann. Ich liebe das Training und die Wissenschaft des Kämpfens. Aber es ist auch traurig.“
„Nach jedem Training kommen Leute zu mir und bitten mich um Rat. Ich gebe ihnen immer einen Tipp fürs Kämpfen, aber bei vielen läuft es auf ‚Hey Bro, häng die Faustschützer an den Nagel und such dir einen echten Job. Ich kenne diese Geschichte und sie geht nicht gut aus, mein Freund‘. Wenn ich ihnen aber die Wahrheit ins Gesicht sage, werden sie sauer und nennen mich neidisch und arrogant.“
Dabei sind es nicht nur junge Kämpfer, die mit St-Pierre in Montreal trainieren, sogar Kinder und Eltern, die Potenzial in ihren Sprösslingen sehen, kommen auf die MMA-Legende zu. Die Antworten lassen sie meist verblüfft zurück.
„Ich sage ihnen immer das gleiche und es enttäuscht sie immer wieder. Ich frage immer nach der Schule, die Kids sagen, dass sie sie doof finden. Aber ich rate ihnen immer, die Schule zu Ende zu bringen und weiter zu trainieren. Nicht alles auf eine Karte zu setzen. Die Eltern machen dann immer große Augen.“
Denn St-Pierre kennt nicht nur die Höhen, die der Sport mitbringen kann, sondern auch die Tiefen. Verletzungen und chronische Erkrankungen begleiteten seine Karriere. Nachdem er den Titel im Weltergewicht gegen Johny Hendricks zum letzten Mal verteidigte, musste sich der Kanadier zurückziehen, da er an den Folgen der zahlreichen Treffer litt, die er im Laufe seiner Karriere wegstecken musste.
„Ich könnte einen Hirnschaden haben, aber ich glaube, dass ich noch einmal davongekommen bin. Aber es gibt keine Garantie, dass ich später keine Probleme haben werde. Bisher ist alles gut. Ich glaube nicht, dass ich was habe. Gesundheit ist das Wichtigste für mich, ich habe daher viele Ärzte aufgesucht. Und es gibt nicht einen, der einem rät, weiterzukämpfen. Es ist immer ein Risiko.“
Und dieses will der Kanadier nicht mehr eingehen. Auch wenn es ihn beim Training immer wieder reizt, sich im ernsten Wettkampf zu beweisen, weiß er, dass es schlecht für ihn ausgehen könnte, weswegen er lieber Zuschauer bleibt.
„Jeder hat seinen Grund, um zu kämpfen. Ich habe gekämpft, weil ich das Gewinnen liebe, oder besser, weil ich das Verlieren hasse, weil ich etwas hinterlassen wollte. Deswegen kam ich zurück. Nicht, weil mir kämpfen Spaß macht. Aber manche Kämpfer, die immer noch weitermachen, wenn ich nach ihnen gefragt werde, antworte ich immer, dass ich schon lange aufgehört hätte. Es gibt ein Zeitfenster, die Prime, wenn man darüber hinaus ist, welchen Sinn hat es dann noch? Man macht sein Erbe kaputt. Wenn du es machst, weil du das Kämpfen liebst oder das Geld brauchst, ist das okay. Deine Entscheidung, aber ich finde es traurig.“
Denn weitere Kämpfe bedeuten auch weitere Trainingseinheiten, weiteres Sparring. Und genau dort entstehen die Langzeitschäden, die St-Pierre vermeiden will. Davon ist der Kanadier überzeugt.
„Ich glaube, dass man sich am ehesten verbessert, wenn man spielerisch trainiert. So viele Kämpfer, ich kann keine Namen nennen, haben ihre Karriere im Gym weggeworfen, weil sie zu hartes Sparring gemacht haben. Es ging immer darum, Runden zu gewinnen. Aber so verbessert man sich nicht. Man muss das spielerisch und locker machen. Natürlich, wenn der Kampf ansteht, dann muss man sich in diese unbehagliche Umgebung versetzen, in diesen Stress. Aber abgesehen davon, muss man es locker angehen, damit man sich verbessert. So viele Kämpfer verlieren ihre Gehirnzellen im Sparring, es ist schrecklich.“