Dustin Stoltzfus vor Contender-Kampf: Es kann gar nicht langweilig werden
Nur 15 Minuten trennen Dustin Stoltzfus von einem UFC-Vertrag. 15 Minuten gegen Joseph Pyfer bei der Tuesday Night Contender Series von Dana White in Las Vegas. Wer hier gewinnt, wird bei entsprechender Leistung wenige Minuten später schon darüber informiert, es in die UFC geschafft zu haben. GNP1.de hat vor der großen Chance mit dem 28-jährigen Mittelgewicht gesprochen.
Dustin Stoltzfus kämpft in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch in Las Vegas bei der Tuesday Night Contender Series. Die Veranstaltung beginnt um 2 Uhr nachts und wird live auf dem UFC Fight Pass auf ufc.tv live übertragen. Stoltzfus und Pyfer bestreiten den fünften Kampf und beenden den Kampfabend.
GNP1.de: Hallo Dustin. Du befindest dich gerade in Las Vegas, wenige Tage vor deinem Kampf um den UFC-Vertrag. Hinter dir liegen spannende Monate. Wie hast du Corona überstanden?
Dustin Stoltzfus: Ziemlich gut eigentlich. Ich bin noch fitter rausgekommen, als ich reingekommen bin. Ich habe in der ganzen Zeit täglich ein bis zweimal trainiert, aber eben nur mit wenigen Sparringspartner, hier und da ein bisschen Technik. Pratzentraining und viel Fitness waren dabei. Die grundlegende Fitness ist auf jeden Fall geblieben. Dann konnte ich Peter Sobotta bei seiner Vorbereit helfen und habe da jeden Tag mit starken Leuten gut und hart trainiert. Und ich konnte noch früher als andere damit anfangen. Von daher bin ich gut vorbereitet. Ich muss das nur im Kampf abrufen.
Niklas Stolze hat uns kürzlich einen Einblick in „Fight Island“ gegeben. Wie geht die UFC in Las Vegas mit diesem Virus um?
Wahrscheinlich ein wenig entspannter. Wir sind eine Ausnahme und schon eine Woche vorher angekommen. Wir waren die ganze Woche hier. Nach dem ersten Test, einer kurzen Quarantäne und den Pressesachen waren wir ziemlich frei. Ich konnte raus und trainieren. Es war ziemlich entspannt. Das ganze Hotel ist nur für die UFC gebucht. Man kommt nur akkreditiert hinein. Aber an sich war es entspannt, nur in den letzten Tagen wieder ein wenig strenger. Gestern noch ein Test, nach der Waage noch ein Test und dann Quarantäne bis zum Kampf. Da hat man eh nichts zu tun außer schlafen und essen.
Fällt dir dabei nicht die Decke auf den Kopf, wenn du ständig in Quarantäne auf dem Zimmer bist?
Ich habe immer zu tun. Ich gehe danach direkt zu meiner Familie nach Pennsylvania. So streng war es zudem ja gar nicht. Wir sind auch mal ausgegangen und ich habe bei verschiedenen Gyms hier trainiert. Syndicate MMA und auch beim Xtreme Couture. Mein Management ist auch hier, Daniel Rubenstein, und der hat sich auch gut um mich gekümmert. Also langweilig war mir da nicht.
Du solltest im März für Brave CF kämpfen. Das wurde kurzfristig abgesagt. Wie war die Situation für dich nach der Absage?
Das war ziemlich hart für mich. Ich war sehr gut vorbereitet, es wäre ein guter Kampf für mich gewesen und ich hätte sehr gerne gekämpft. Ich mache nichts Anderes als kämpfen, viel Geld gibt es in der regionalen Szene nicht. Da steht dann auch die finanzielle Frage im Raum, wie es dann ohne Zuschuss weitergeht. Ich habe aber direkt ein wenig Urlaub gemacht und bin runtergekommen und habe mich entschlossen, bereit und fleißig zu bleiben und die erste Möglichkeit zu ergreifen, die sich mir bietet.
Brave CF sind mit großen Investoren und viel Tam-Tam angetreten, aber haben nach dem Ausfall der Events die Kämpfer nicht für die Vorbereitung entschädigt.
Ich fand es auch nicht so ganz okay. Viele Veranstalter haben auch gelitten und keiner kann etwas dafür. Auch, das Brave nichts gegeben hat, kann ich verstehen. Aber nichts zu tun und dann große Sprüche zu bringen, das fand ich nicht in Ordnung. Die UFC hat gleich gesagt, man arbeitet dran und schaut, wie man die Kämpfer über die Runden bringt. Auch bei der PFL hieß es, dass die Kämpfer monatlich etwas erhalten, natürlich nicht viel. Aber der Versuch und das Entgegenkommen gegenüber den Kämpfern war da, bei Brave hieß es einfach nur „Pech gehabt“.
Bevor du bei Brave CF unterschrieben hast, solltest bei GMC um den Titel im Mittelgewicht gegen Christian Eckerlin kämpfen. Auf den Kampf hatten sich viele Fans in Deutschland gefreut. Findest du es schade, dass es nicht mehr dazu gekommen ist?
Ja, aber es ist kein Kampf, auf den ich unbedingt warten wollte. Es wäre eine coole Gelegenheit gewesen, aber mein Ziel war immer, international zu kämpfen. Ich will nicht unbedingt weiter gegen deutsche Kämpfer antreten. Ich bin an einem Punkt in meiner Karriere, an dem ich die Szene lieber mit aufbauen würde, als anderen Kämpfern den Weg nach oben zu verbauen. Wenn es geklappt hätte, sehr gerne, aber es war nicht mein oberstes Ziel.
Statt bei Brave kämpfst du jetzt bei der Tuesday Night Contender Series von Dana White um einen UFC-Vertrag. Dabei geht es nicht nur um einen Sieg, sondern auch darum, wie man siegt, denn nicht jeder Sieger erhält einen Vertrag. Verspürst du da mehr Druck als sonst?
Ich versuche nicht, zu viel Wert darauf zu legen. Das kann ich nicht beeinflussen. Ich gehe einfach rein, mach meine Sachen und konzentriere mich auf den Sieg. Was kommt, kommt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Kampf zwischen uns langweilig wird. Wenn ich gewinne, meine Chancen dafür sind extrem gut, dann kriege ich auch den Vertrag. Ich darf mich nur nicht einschüchtern lassen und muss einen kühlen Kopf bewahren. Ich muss einfach mein Ding machen und mich nicht auf irgendwas Bestimmtes konzentrieren. Ganz normal die Ruhe bewahren. Dann wird das ein spannender Kampf. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das anders ablaufen könnte.
Was bedeutet es dir, um einen UFC-Vertrag zu kämpfen?
In erster Linie Bestätigung. Ich behaupte, dass ich schon seit Jahren in die obere Liga gehöre, dass ich gut genug bin. Dass meine Fähigkeiten zu diesem Niveau passen. Die Bestätigung zu haben, dass ich drin bin, die bekomme ich aber erst nach einem Kampf gegen einen richtigen UFCler. Aber hiermit ist die Tür schon offen, das ist mir viel wert. Zweitens natürlich die finanziellen Möglichkeiten danach. Die sind so unvergleichbar mit allem, was ich bisher erhalten habe. Sogar der Contender-Kampf wird mir beim Sieg mehr einbringen als alles, was ich bisher erhalten habe. Das ist natürlich auch eine riesige Chance. Finanzielle Stabililität, Stabilität allgemein. Bei einer guten Organisation richtig unter Vertrag zu sein und nicht immer nach dem nächsten Kampf und Gehalt suchen zu müssen. Man weiß, man ist drin und man muss sich nur fit melden, dann bekommt man Kämpfe und auch genug Geld, um mal davon zu leben. Ich kann mir noch gar nicht vorstellen, wie das mal sein wird, das wird einfach schön. Aber ja, die Bestätigung, dass sich meine ganze Arbeit auch gelohnt hat.
Du kämpfst gegen Joseph Pyfer, der zufällig auch aus deinem US-Heimatstaat Pennsylvania stammt. Kanntest du ihn schon?
Nein. Ich bin nicht so drin in der MMA-Szene von Pennsylvania. Allerdings ist ein Gym in meiner Heimat, die Jungs kenne ich ziemlich gut und die kennen ihn und haben auch schon mal mit ihm trainiert. Es ist jetzt aber nicht so, als ob ich seinen Namen schon kannte. Ich habe nicht erwartet, dass mein Weg nach oben über einen aufstrebenden Kämpfer aus Pennsylvania führt.
Wie schätzt du ihn ein? Wo kann er dir gefährlich werden?
Er ist sehr explosiv und versucht, das Ding in der ersten Runde mit nach Hause zu nehmen. Er schlägt richtig hart. Er ist große und schon seit Stunden am Gewicht machen, ich bin noch am Aufstieg. Er ist auf jeden Fall größer und schwerer als ich, schlägt richtig harte Hände, aber ist dafür relativ offen. Deswegen glaube ich, es kann nicht langweilig werden. Mein Kampf gegen Nihad Nasufovic war sehr langsam für meine Verhältnisse, weil er sehr gute Konter hatte. Und selbst das war sehr spannend für die Zuschauer. Pyfer macht die ganze Zeit druck, er will den frühen Knockout, arbeitet sehr offensiv mit seinem Ringen. Aber selbst, wenn ich unten liege, da ist er auch offen, ich greife immer an. Ob im Stand, Boden, Clinch, wo auch immer es landen wird, wir werden beide angreifen. Wir punkten nicht. Wir wollen beide finishen und den UFC-Vertrag.
Ihr seid sogar im Hauptkampf der Veranstaltung, ist das noch ein wenig mehr Bestätigung?
Ich habe keine Ahnung, wie das zustande gekommen ist. Viel Wert lege ich nicht darauf, aber es ist cool. Am Samstag während der Fight Night wurden mal unsere Bilder während der Veranstaltung gezeigt als Werbung für das nächste Event. Wir haben einfach den Platz gezogen. Keine Ahnung, ob es an mir liegt, aber ich schätze, wir sind beide zwei Finisher in einer sehr spannenden Gesichtsklasse und daher haben wir den Platz bekommen.
Wirst du vorher bei den anderen Kämpfen zuschauen?
Ich schaue mir die Kämpfe vor mir eigentlich recht gerne an. Ob ich das dieses Mal machen werde, mal sehen. Es wird alles relativ schnell gehen. Es sind nur fünf Kämpfe und auch nicht so viel Drumherum mit Einlauf, Musik und Vorstellung. Es geht alles recht zügig. Ich werde also wahrscheinlich wenig Zeit dafür haben. Ich werde mich eher aufwärmen, bereit machen, beruhigen und mental und physisch vorbereiten.
Hast du eine Prognose für den Kampf? Oder willst du etwas Bestimmtes zeigen, nachdem du zuletzt ja sehr kreativ mit deinen Submissions warst?
Er will mich so schnell wie möglich ausknocken und da will ich ihn mit meinen Kontern erwischen. Es kann gut sein, dass es schnell geht. Er kann mich blöd erwischen oder ich lande meine Konter und nehme es mit nach Hause. Wenn ich wetten würde, dann würde ich mein Geld auf eine Submission in der zweiten Runde setzen. Ich neutralisiere ihn in der ersten Runde und mache ab der zweiten mehr Druck. Irgendwann wird er wieder ringen und ich werde bei einem Übergang seinen Hals packen. Ich gehe aber nicht mit großen Plänen rein. Aber weil er viel shootet und nicht auf seinen Hals aufpasst, denke ich an eine Guillotine, einen D’Arce Choke oder eine Anaconda. Ich komme auch aus dem Clinch extrem schnell zum Hals und er passt nicht sehr gut auf sich auf. Auf dem Boden sind seine Beine sehr offen und ich kann gut hebeln. Ich jage aber nichts Bestimmtes. Ich habe gute Submissions und Angriffe aus jeder Position und ich mache einfach meinen Druck, bis was offen ist und dann nehme ich das.
Wenn du gewinnst, bleibst du dann weiterhin hier in Deutschland oder überlegst du, eventuell wieder in die USA zurückzugehen?
Ich bleibe solange in Deutschland, solange ich darf. Das ist immer eine Frage des Visums. Aber ich habe mindestens noch ein Jahr hier. Und ich bleibe hier, solange es geht. Ich fühle mich sehr wohl hier, ich habe mein Netzwerk. Wenn ich irgendwo anders trainiere, da fällt mir immer auf, wie gut ich es hier habe. Das Kickboxen und Muay Thai ist bei uns im Frankers Fight Team und mit den Partnern, die ich hier habe, Enriko und Juri Kehls, Chris Wunn, Simon Hinkel, das ist alles richtig gut. Wenn ich woanders dann Kickboxen trainiere, das beeindruckt mich nicht. Für den Bodenkampf gehe ich zu Peter Sobotta oder hoch nach Kaiserslautern zu Matrix Jiu-Jitsu. Wenn ich mit denen trainiere, kämpfe ich nur ums Überleben. Und hier in Vegas oder auch bei Mjölnir auf Island hatte ich nicht das Gefühl, dass das Training dort besser ist, als das, was wir hier haben. Das einzige ist, dass es die Gyms in den USA besser zusammenmischen, das bekomme ich tatsächlich nur bei Peter. Aber ansonsten in den Einzeldisziplinen bietet mir mein Netzwerk in Deutschland so gutes Training an, da bin ich nicht im Nachteil. Wenn man sein eigenes Training ein wenig aufbaut, mit verschiedenen Gyms netzwerkt, dann kann man richtig gute Trainingspläne und Netzwerke aufbauen. Aber so ein Top Gym aus der Weltspitze wie Jackson-Wink oder Tristar, das gibt es eben noch nicht hier. Wir haben sehr gute Gyms wie das MMA Spirit oder die UFD und in den Einzeldisziplinen richtig gute Leute, aber man muss es eben selbst ein bisschen zusammenbauen. Irgendwann, wenn ich selbst nicht mehr kämpfe, will ich auf jeden Fall auch mein Wissen als Trainer an die nächste Generation weitergeben. Bis es soweit ist, habe ich aber noch ein wenig selbst zu tun.
Danke für das Gespräch und viel Erfolg!
Das Interview führte Alexander Petzel-Gligorea