Nasrat Haqparast: "Ich bin besessen"
An diesem Wochenende kämpft Nasrat Haqparast in Kanada zum dritten Mal in der UFC. Nach Danzig und Hamburg mag Moncton, New Brunswick weit weg wirken, für den 23-jährigen Hamburger aber ist die kleine Stadt nahe des Atlantiks nur einen Katzensprung entfernt. Denn der K.o.-Spezialist absolviert seine Trainingscamps seit einiger Zeit im Tristar Gym in Montreal.
Wir haben ihn dort besucht und vor seinem großen Auftritt am Samstag mit ihm gesprochen.
GNP1.de: Nasrat, dir steht am Wochenende ein sehr wichtiger Kampf bevor. Wie ist die Lage?
Nasrat Haqparast: Ich hatte ein Top-Trainingscamp, das beste meiner Karriere. Ich bin verletzungsfrei, wir sind bereit.
Du wirst gegen Thibault Gouti antreten. Was hältst du von ihm als Gegner?
Er ist ein starker Mann, den man auf jeden Fall nicht unterschätzen darf. Aber Ich kenne vier Leute, die ihn geschlagen haben. Das macht die Sache etwas vertrauter. Wie gesagt, auf jeden Fall nicht zu unterschätzen, das wird ein guter Kampf.
Er ist ja trotzdem ein Gegner, der etwas überrascht hat. Du hast gerade einen großen Sieg geholt, er hat seine letzten Kämpfe verloren. Normalerweise macht die UFC so etwas nicht.
Viele Leute haben gewollt, dass ich gegen einen Top-15-Gegner kämpfe, weil Marc Diakiese ja auch schon relativ großen Hype hatte und ein starker Gegner war und wir ihn sehr gut dominiert haben. Aber ich bin zufrieden mit der Entscheidung – mein Management und die UFC haben sich auf den Gegner geeinigt und ich beklag mich jetzt nicht.
Was hat sich in deinem Leben geändert, seit du Diakiese bei UFC Hamburg im Juli besiegt hast?
Auf jeden Fall hat sich viel geändert, seit ich Diakiese besiegt habe. Wir wussten, er hat großen Hype und ist kein Unbekannter. Auch in Amerika hat er gute Kämpfe gemacht, deswegen war er relativ populär. Die haben ihn halt als neuen Superstar gehandelt, als großes Talent, der neue Jon Jones und so. Wir haben einen guten Kampf gegen ihn geliefert, auf jeden Fall, aber wir wollen uns jetzt nicht auf dem Erfolg ausruhen. Diakiese ist einfach der erste Schritt auf der Leiter, der Weg geht weiter.
Setzt du dir für die Zukunft konkrete Ziele, wie es in den nächsten Monaten und Jahren weitergehen soll?
Man legt sich natürlich kleine Ziele. Das Ziel ist auf jeden Fall die Top 15 in absehbarer Zeit, aber ich plane jetzt nicht sofort, einen Top-15-Gegner bis zu diesem oder jenem Datum zu bekommen. Ich liebe es einfach, zu trainieren und zu kämpfen. Wir nehmen jede Herausforderung an, und was die UFC entscheidet, was mein Management entscheidet, da vertrau ich denen und meinem Trainerteam. Mein Job ist es einfach, hart zu trainieren und zu kämpfen und den Job zu erledigen.
Zu deinem Job gehört es mittlerweile auch, ständig unterwegs zu sein. England, Katar, Marokko und mehrmals Kanada allein in diesem Jahr. Wird das nicht irgendwann anstrengend?
Das hört sich vielleicht schön an, wenn man viel reist und viele neue Dinge sieht und lange von zu Hause weg ist, aber… Der zehnte Monat des Jahres ist jetzt fast zu Ende, und ich war bisher nur acht Wochen zu Hause. Mein Vater, meine Mutter und meine Schwester sind noch da, mein Bruder Hejo reist ja mit mir. Trotzdem hat man sehr viel Heimweh, ich habe ja auch sehr viele Freunde und eine große Familie in Hamburg. Die vermisst man natürlich. Ich freue mich auf jeden Fall, nach Hause zu fliegen dann erstmal ein paar Monate da zu bleiben, alles neu zu strukturieren und zu organisieren.
Ganz nach Kanada zu ziehen, kommt für dich also nicht infrage?
Umziehen würde ich gar nicht, nein. Für mich funktioniert es am besten, wenn ich für acht bis zehn Wochen nach Montreal komme, mein Trainingscamp hier fertig mache. Wir sind immer im Training, wir müssen jetzt nicht zwölf Monate im Jahr hierbleiben. Ich sehe hier auch viele Leute, die hier trainieren, die sogar im Gym leben, aber nicht so oft zum Training kommen wie ich. Ich glaube, man hat eine andere Motivation, wenn man für ein Trainingscamp herkommt. Man ist viel disziplinierter und man weiß es halt wertzuschätzen. Wenn ich jetzt hier wohnen würde, vielleicht würde ich das Training nicht mehr so wertschätzen, weil es eine Alltagssache für mich geworden wäre. Also so bin ich schon zufrieden.
Du bist mittlerweile bekannt für deinen Arbeitseifer. Wo kommt deine Motivation her?
Der Sport ist ein großer Teil von mir. Viele Leute sehen das als Hobby – ich sehe das nicht mehr als mein Hobby, auch nicht als mein Beruf. Das ist halt ein Teil von mir. So, wie ich essen und trinken muss, muss ich trainieren. Außer halt, wenn ich verletzt bin, dann muss ich halt ein paar intelligentere Entscheidungen treffen. Ich weiß nicht, aber nichts anderes bringt mir Spaß als über den Sport zu recherchieren, Videos zu gucken, zu analysieren, zu trainieren. Also das ist schon echt meine größte Liebe, sag ich mal.
War das von Anfang an so oder hat sich das mit der Zeit so entwickelt?
Das hat sich auf jeden Fall schrittweise entwickelt. Ich habe den Sport angefangen und war natürlich sehr motiviert, und nachdem ich meinen allerersten Kampf direkt verloren habe, mein Debüt vor sechs Jahren, kam dieser Drang. Ich wollte dieses Gefühl nicht nochmal erleben, dass ich verloren habe. Ich glaube, die beste Erfahrung war gegen Marcin Held letztes Jahr. Dieser Kampf hat mich richtig besessen gemacht. Ich kann an nichts anderes mehr denken, und immer, wenn es hart wird, denke ich an diesen Kampf. Ich wurde nicht geschlagen, ich sehe das nicht als Niederlage. Die Entscheidung ging nicht in meine Richtung, aber ich bin nicht als Verlierer aus diesem Käfig rausgegangen. Ich hatte dieses Gefühl nicht, dass ich der Verlierer war. Sogar Dan Hardy hat mir bei Twitter geschrieben, dass er mich vorne gesehen hat. Auf dem Papier haben wir verloren, und das wird auf jeden Fall so nicht mehr vorkommen.
Sprich, du ziehst deine Motivation auch stark aus den Momenten, in denen es gerade nicht so lief, wie du wolltest.
Auf jeden Fall, das ist meine größte Motivation. Dieses Gefühl der Machtlosigkeit, ich würde mir das nicht verzeihen, wenn ich im Training nicht alles gegeben hätte, weil ich zu bequem war.